Salzverzehr Bluthochdruck

Salzverzehr und Bluthochdruck: Was sagt die Wissenschaft?

Salz ist ein essenzieller Bestandteil unserer Ernährung und spielt eine wichtige Rolle in der Küche und Lebensmittelproduktion. In den letzten Jahrzehnten wurde jedoch immer wieder diskutiert, ob ein hoher Salzverzehr zu Bluthochdruck (Hypertonie) führen kann. Die gängige Meinung besagt, dass eine salzarme Ernährung dabei helfen kann, Bluthochdruck vorzubeugen und zu behandeln. Doch wie fundiert ist diese Annahme? Die wissenschaftlichen Daten hierzu liefern ein differenziertes Bild.

Die INTERSALT-Studie: Eine erste große Untersuchung

Eine der ersten Studien, die den Zusammenhang zwischen Salzverzehr und Blutdruck systematisch untersuchte, war die INTERSALT-Studie aus dem Jahr 1988. In dieser Studie wurden 10.100 Menschen im Alter von 20 bis 59 Jahren aus 52 Bevölkerungsgruppen weltweit auf ihren Salzkonsum und Blutdruck hin untersucht.

Das Ergebnis der Studie zeigte eine schwache Korrelation zwischen Salzaufnahme und Blutdruck. Interessanterweise brach dieser Zusammenhang jedoch zusammen, wenn vier Populationen aus der Analyse entfernt wurden, die unter extremen Bedingungen lebten und eine streng salzarme Ernährung pflegten. Diese Ergebnisse haben zu kontroversen Diskussionen geführt: Einerseits wird die Studie oft von Befürwortern einer salzarmen Ernährung zitiert, andererseits nutzen Kritiker sie als Beweis dafür, dass ein direkter Zusammenhang zwischen Salz und Bluthochdruck nicht eindeutig belegt ist.

Weitere Forschung: Uneinigkeit unter Wissenschaftlern

Seit der INTERSALT-Studie wurden zahlreiche weitere Untersuchungen durchgeführt, um den Zusammenhang zwischen Salzverzehr und Bluthochdruck besser zu verstehen. So analysierten die Wissenschaftler Midgley et al. (1996) und Graudal et al. (1998) die Daten mehrerer Studien in einer Metaanalyse und kamen zu dem Schluss, dass es keine klaren Belege für einen starken Zusammenhang gibt. Sie betonten, dass eine Natriumreduktion (Salzreduktion) zwar als ergänzende Behandlung bei Menschen mit Bluthochdruck sinnvoll sein kann, aber keine allgemeine Empfehlung für die gesamte Bevölkerung darstellt.

Salzempfindlichkeit: Nicht alle reagieren gleich

Eine der größten Herausforderungen bei der Bewertung des Zusammenhangs zwischen Salz und Blutdruck ist die Salzempfindlichkeit. Nicht alle Menschen reagieren gleich auf eine erhöhte Salzaufnahme. Studien zeigen, dass etwa ein Drittel der Menschen mit Bluthochdruck empfindlich auf Salz reagiert. Das bedeutet, dass bei ihnen der Blutdruck mit steigendem Salzkonsum ansteigt. Bei etwa 50 % der Hypertoniker bleibt der Blutdruck jedoch unverändert, und bei einem Drittel könnte er bei salzarmer Ernährung sogar ansteigen (sogenannte Gegenregulierung).

Dieser Befund wurde durch Forschungen der Universität Bonn bestätigt, die zeigten, dass der Blutdruck bei einigen Patienten mit salzarmer Kost sogar steigt. Daher ist es wichtig, dass Maßnahmen zur Senkung des Blutdrucks individuell auf den jeweiligen Patienten abgestimmt werden.

Bluthochdruck und Salzreduktion: Begrenzte Effekte

Selbst bei Menschen, die empfindlich auf Salz reagieren, sind die blutdrucksenkenden Effekte durch Salzrestriktion oft geringer als erwartet. Die genannten Metaanalysen von Midgley und Graudal ergaben, dass der Blutdruck durch eine salzarme Ernährung im Durchschnitt nur um 1–2 mmHg beim diastolischen Wert und um 3–4 mmHg beim systolischen Wert gesenkt wird. Diese Ergebnisse relativieren die verbreitete Meinung, dass eine drastische Salzreduktion zu erheblichen Verbesserungen beim Blutdruck führen kann.

Fazit: Salzverzehr und Bluthochdruck

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Zusammenhang zwischen Salzverzehr und Bluthochdruck komplexer ist, als oft angenommen. Während eine salzarme Ernährung bei bestimmten Menschen, insbesondere bei Hypertonikern, zu einer leichten Verbesserung des Blutdrucks führen kann, gibt es keine klare wissenschaftliche Grundlage für eine allgemeine Empfehlung, den Salzkonsum drastisch zu reduzieren.

Für Menschen ohne Bluthochdruck scheint eine moderate Salzaufnahme unproblematisch zu sein. Bei Patienten mit Bluthochdruck sollte jedoch individuell geprüft werden, ob eine Reduktion des Salzkonsums positive Effekte haben könnte.

 

Wer sich noch weiter zum Thema Salz und Bluthochdruck informieren will, für den haben wir hier interessante Publikationen diesbezüglich zusammengetragen.

 

Quellen zur Bluthochdruck-Diskussion

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